Britten

Peter Grimes am Staatstheater Kassel, Juni 2008:

Rhythmische Prägnanz, hymnische Größe, Farbreichtum, die Verwendung von Kirchen- und Tanzmusik und nicht zuletzt die Einbeziehung sinfonischer Klangbilder: Das alles macht den Reiz von Brittens Oper aus. Generalmusikdirektor Patrik Ringborg brachte dies mit einem engagierten Dirigat eindrucksvoll zur Geltung... Eine große Sogkraft entwickelt dieses Drama im Mikrokosmos - auch dank des engagierten, expressiven Spiels des Staatsorchesters Kassel unter der Leitung von Generalmusikdirektor Patrik Ringborg.
Und am Pult stand Patrik Ringborg. ... Es kommt darauf an, dass man diesen dramatischen Sog trifft, dass sind die Orchesterfarben, dass was von der Sprache ausgeht zu untermalen, auch diese Zwischenspiele ... von einer brausenden Kraft, wo der Sturm aber auch eine trügerisch beruhigte See dargestellt wird. Das hat ganz große Suggestion, das Orchester ist sehr gut in Form und der Dirigent hat das sehr gut im Griff, als würde er es nicht zum ersten Mal machen.
Dazu hat Benjamin Britten 1945 eine farbenreiche Musik geschrieben, hier so dramatisch, dass geradezu eine Sogwirkung von ihr ausgeht, dort beklemmend süß in lyrischen Passagen, denen gleichwohl jegliche Glücksverheißung fehlt. Das kostet Kassels Generalmusikdirektor Patrik Ringborg aus, gibt seinem - meist konzentriert und präzise spielenden - Orchester in den ausgedehnten Zwischenspielen viel Raum, sich musikalisch zu entfalten. Sorgsam geht Ringborg mit seinen Sängern um und wahrt das richtige Verhältnis zwischen dramatischer Spannung und ruhigen, entspannt ausgehörten Partien.
Chor und Extrachor haben ihre umfangreichen Aufgaben sehr gut einstudiert und sind ebenso wie das Orchester in bester Form. Kassels GMD Patrik Ringborg gestaltet nicht nur die vielen Varianten von düster und bedrückend, sondern lässt auch die wenigen hellen Momente strahlen.
Patrik Ringborg steht am Pult des Staatsorchesters Kassel, das mit bewundernswerter Detailverliebtheit zur Sache geht. Brittens Partitur ist reich an Farben, an Emotionen, an Ausbrüchen. All diese Facetten werden transparent und bis ins Detail hinein genau gearbeitet. Maßstabsetzend!
GMD Patrik Ringborg, seit nunmehr einem Jahr Musikchef am Staatstheater Kassel, nimmt Fioronis Faden auf. Von Beginn an versucht er die von der Regie umrissene Stimmung in tönend bewegte Formen zu kleiden. Herb, rau, grob ist der Klang des Orchesters, wie ein Riff in stürmischer See, dabei extrem durchhörbar, scharfkantrig sptiz wie Klippen. Das passt, auch und gerade in den Interludes, zum Stück - unter anderem deswegen, weil jene Passagen, in denen Britten das lyrische (sprich: die Hoffnung) such, sich davon expressiv, mit gespanntem Melos absetzen - wie der Traum vom Leben vom Leben selbst.

The Rape of Lucretia an den Städtischen Bühnen Freiburg, Mai 1998:

Ein großer Teil des Beifalls, ahnte man, galt in erster Linie der Musik selbst und ihren Interpreten, verhalfen sie dem Abend doch zu etlichen Höhepunkten.
Wie allein Patrik Ringborg als Dirigent das zwölfköpfige Instrumentalensemble aus den Reihen des Philharmonischen Orchesters durch die vielgestaltige und feinfarbige Partitur führte, wie er Brittens charakterisierende Motive und atmosphärische Verdichtungen, jenes trotz seines grundsätzlichen Anachronismus immer wieder betörende Zauberspiel der sanften, singenden Linien und Farben präzise ins klingende Bild setzte und dabei zwischenzeitlich noch als Pianist den eingeschobenen Rezitativen zu Leben und Spannung verhalf: Das war bis hin zur Purcell-verwandten großen Schluß-Chaconne von höchster Qualität.
Doch verweilen wir noch ein wenig beim Orchester. Der stellvertretende GMD schwingt ganz subtil durch die Partitur - transparent entwickelt Ringborg Brittens Kompositions-Konstanten: die charakterliche Vorstellung der Instrumente, die grenzenlos transzendierenden Motive, die Klangzitate... sind deutlich wie selten erkennbar, bleiben aber im strengen Fluß der Oper beheimatet.


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