Korngold

Die tote Stadt am Staatstheater Kassel, April 2016:
Was Korngolds Musik so faszinierend macht, das Zusammenspiel von wirkungsbewusster Überwältigungsmusik und feinster Detailzeichnung, überträgt Dietz kongenial auf die Bühne: Plakative Bilder gewinnen durch seine bis in die Nebenrollen psychologisch subtile Personenführung eine suggestive Kraft.
Dazu braucht es grandiose Sängerdarsteller, und hier ist das Glück in Kassel perfekt: Der amerikanische Tenor Charles Workman verleiht der Figur des Paul eine sensationelle Stärke. Die gefürchtete Partie bewältigt er mit bestechender Klarheit und Kraft. Pauls seelische Konflikte erscheinen so weniger als Defizite, denn als Ausweis innerer Größe.
Celine Byrne ist ihm als Marietta eine ebenbürtige Partnerin, die Leichtigkeit, Frivolität und Verletzlichkeit wunderbar in der Balance hält. Ihre traumhafte Stimme verfügt über ein reiches Timbre bis in höchste Lagen. Auch die übrigen Rollen sind erstklassig besetzt, ein Glanzlicht setzt Hansung Yoo als Pierrot mit dem Lied „Mein Sehnen, mein Wähnen“. Szenisch wie sängerisch eindrucksvoll agieren der Opernchor und der Kinderchor Cantamus.
Am Dirigentenpult erweist sich Patrik Ringborg einmal mehr als Farbmagier. Die psychedelischen Klänge etwa, die das Staatsorchester zur Erscheinung Maries formt, gehen unter die Haut, und nicht weniger suggestiv klingt es aus dem Graben, wenn das Orchester rein instrumental die Liebesnacht von Paul und Marietta illustriert.
Lauter Jubel und skandierender Beifall belohnten einen Opernabend, den man nicht verpassen sollte.
Maestro Patrik Ringborg und das Staatsorchester Kassel blieben der ekstatischen Partitur nichts an spätromantischen Schwulst (das ist beileibe nicht pejorativ gemeint!) schuldig. Schön, dass der Klangteppich aus dem Graben nie zu dick und zu schwer klang, sondern eine exquisite Transparenz bewahrte und die Sänger so in keinem Moment zum Forcieren verführte!
Die schwelgerische Musik, die in der Spätromantik verankert ist, aber deutlich Korngolds eigenen Stil erkennen lässt und mit gelegentlich aufklingenden Elementen an die Karriere Korngolds als Filmmusikkomponisten erinnert, blüht unter Patrik Ringborgs Dirigat vielfarbig und leidenschaftlich auf. Das schwelgt und tobt, das brodelt und strahlt und zieht in einen Bann, dem man sich nicht entziehen kann und das auch gar nicht möchte. Ungewöhnlicher aber überzeugender Weise geht der erste Akt nahtlos in den zweiten über, was den Sog der Musik nur noch verstärkt. Das Orchester folgt seinem GMD willig und engagiert, fast lupenrein, bis auf den zerfaserten Schlusston, der den Zuhörer in die Realität des Lebens mit seinen Schwächen neben dem Schönen zurückgeholt hat. ... Dirigat und Orchester können richtig begeistern.
Patrik Ringborg sorgt mit seinem gut disponierten Orchester für eine reichhaltige Palette der Klangfarben, für Trauer, Leidenschaft und Rausch. Am Ende lang anhaltender Applaus für das gesamte Team einschließlich Chor und Kinderchor.
Dass dieser eindrucksvolle Opernabend auch musikalisch ein Ereignis wurde, war dem Staatsorchester Kassel unter der umsichtigen Leitung des schwedischen Dirigenten Patrik Ringborg zu danken, das die klangvolle und „traumhafte“ Partitur auf packende Art und Weise in allen Facetten zum Besten gab.
Der Vorhang im Opernhaus war kaum gefallen, brandete bereits der Jubel des begeisterten Publikums auf. Der minutenlange stürmische Applaus für das Sängerensemble sowie für das Orchester und seinen Dirigenten mündete schließlich in Standing Ovations des fast gesamten Hauses. Ein verdienter Dank des Publikums für eine großartige Vorstellung!


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