Was Korngolds Musik so faszinierend macht, das Zusammenspiel von wirkungsbewusster Überwältigungsmusik und feinster Detailzeichnung, überträgt Dietz kongenial auf die Bühne: Plakative Bilder gewinnen durch seine bis in die Nebenrollen psychologisch subtile Personenführung eine suggestive Kraft.
Dazu braucht es grandiose Sängerdarsteller, und hier ist das Glück in Kassel perfekt: Der amerikanische Tenor Charles Workman verleiht der Figur des Paul eine sensationelle Stärke. Die gefürchtete Partie bewältigt er mit bestechender Klarheit und Kraft. Pauls seelische Konflikte erscheinen so weniger als Defizite, denn als Ausweis innerer Größe.
Celine Byrne ist ihm als Marietta eine ebenbürtige Partnerin, die Leichtigkeit, Frivolität und Verletzlichkeit wunderbar in der Balance hält. Ihre traumhafte Stimme verfügt über ein reiches Timbre bis in höchste Lagen. Auch die übrigen Rollen sind erstklassig besetzt, ein Glanzlicht setzt Hansung Yoo als Pierrot mit dem Lied „Mein Sehnen, mein Wähnen“. Szenisch wie sängerisch eindrucksvoll agieren der Opernchor und der Kinderchor Cantamus.
Am Dirigentenpult erweist sich Patrik Ringborg einmal mehr als Farbmagier. Die psychedelischen Klänge etwa, die das Staatsorchester zur Erscheinung Maries formt, gehen unter die Haut, und nicht weniger suggestiv klingt es aus dem Graben, wenn das Orchester rein instrumental die Liebesnacht von Paul und Marietta illustriert.
Lauter Jubel und skandierender Beifall belohnten einen Opernabend, den man nicht verpassen sollte.