J. Strauss (Sohn)

Die Fledermaus am Staatstheater Kassel, November 2013:
Fulminante Fledermaus in Kassel
Mit Begeisterung nahm das Kasseler Publikum im voll besetzten Opernhaus die Neuinszenierung von Johann Strauss' Operette Die Fledermaus auf, die am Samstag Premiere feierte. Schon nach den ersten Takten der grandiosen Ouvertüre ahnte man: Bei dieser Fledermaus stimmt alles. Generalmusikdirektor Patrik Ringborg führte das Kasseler Orchester souverän, präzise und beschwingt zu Höchstleistungen, während auf der Bühne die Vorgeschichte der Operette pantomimisch dargestellt wurde. Im dritten Akt schließlich kam der große Auftritt von Bernhard Modes als Gefängniswärter Frosch. Er legte die Figur als Kasseläner Schlacke an, die den aus Schweden stammenden Ringborg mit "alter Schwede" titulierte und erntete dafür ebenso viel Applaus wie für das eingelegte Wiener Lied "Das Glück ist a Vogel".
Vor Beginn der Vorstellung demonstrierten Mitglieder des Orchesters aus Solidarität für die Einhaltung der tarifvertraglich festgelegten Lohnerhöhungen, die im Gegensatz zu Kassel an vielen anderen deutschen Häusern noch nicht umgesetzt wurden. Im Anschluss demonstrierten sie dann gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Kasseler Ensembles mit einem fulminanten Operettenabend, welch unbezahlbare Bereicherung gute Künstler für das geistige Leben einer Stadt zu bieten haben. An diesem Abend dankte das Kasssler Publikum allen Beteiligten mit frenetischem Applaus.
Über dem Auftritt von Straßenkehrerballett, schnatternden Stubenmädchen, Marktweibern und einem Zeitungsausträger als Symbolfiguren der erwachenden Stadt vergisst man beinahe, dass unten im Graben sich das Staatsorchester Kassel mit einer der brillantesten, aber auch kniffligsten Operettenouvertüren auseinandersetzt. Während die Musiker, von realen finanziellen Sorgen geerdet eben noch vor dem Foyer für eine solide Entlohnung geworben hatten, wirbeln sie den Abend nun unter der diskreten Stabführung von Patrik Ringborg beschwingt in den siebten Walzerhimmel. ... das Bonmot des Abends: ein Kompliment an General Ringborg. Skål, Alter Schwede!
Kassels GMD Patrik Ringborg entfesselt mit dem sehr gut disponierten Staatsorchester ein feurig-leidenschaftliches, sehr dynamisches und mitreißendes, ja hinreißendes musikalisches Feuerwerk, setzt immer wieder spannende Akzente und Effekte und setzt damit den dringend benötigten emotionalen Gegenpol zum belanglos und distanziert wirkenden Bühnengeschehen. ... Unter einem mitreißenden Dirigat sind ein paar sehr gute sängerische Leistungen zu hören.
... Dieser alte Schwede sorgt mit jugendlichem Schwung und viel Klangsinn für musikalische Glanzlichter. Schon die Ouvertüre klingt bezaubernd durchsichtig, die Walzer rauschen nicht derb, sondern schweben, das Ensemble im Finale des zweiten Aktes ist ein Gewebe fein gezeichneter, transparenter Linien. Dabei folgt ihm das Orchester stets sehr konzentriert bis hin in die temperamentvollen Steigerungen, in denen sich Ringborg als kluger Stimmungsregisseur erweist.
Pudelwohl bei der Premiere
Außerdem gibt's urkomische alkoholinduzierte Action, etwa von Bernhard Modes als Gefängniswärter Frosch, dessen satirische Einlage in purem Kasseläner Slang dem Dirigenten Patrik Ringborg gilt: "Skål, alter Schwede!" Der dirigiert Strauss' Hitabfolge zwar durchaus schmissig, widmet sich aber auch den Feinheiten der Partitur und vermeidet, passend zum ins Delirium gleitenden Bühnengeschehen, alle Grobheiten. Er kann sich dabei auf das durchweg auf hohem Niveau agierende Ensemble verlassen, zu dem auch der präsente Opernchor und die eleganten Tänzer zählen. Das Premierenpublikum im ausverkauften Opernhaus jedenfalls fühlte sich pudelwohl und spendete reichlich Beifall.


Patrik Ringborg@facebook 
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