Die Neufassung des Turandot-Schlusses von Luciano Berio, 2002 uraufgeführt, hat sich noch keineswegs durchgesetzt. Am Staatstheater Kassel lässt sie jetzt ihre eigenartigen Reize so fein und transparent hören, dass auch Skeptiker bei dieser Gelegenheit ihre Meinung ändern könnten. Erstens liegt das an dem Dirigat von Patrik Ringborg, der einen Giacomo Puccini des 20. Jahrhunderts erklingen lässt, experimentierfreudig, dissonant, grell, von gebrochenem Bombast. Zweitens liegt das an der Inszenierung von Markus Dietz, für die all das ebenfalls gilt. Die sich nicht, nein, selten aufdrängt und eine ihrerseits von Folklore und Süße freigehaltene Lesart bietet.
So ist es keine drastische Zäsur mehr hin zu Berio, der sorgfältigst die vom sterbenden Komponisten 1924 noch geschriebenen Passagen erhielt. Er goss aber nicht Zuckerguss und bereits verwendetes Material darüber, sondern orchestrierte sparsam und füllte die Löcher mit luzider neuer Musik. Das Ergebnis lässt die vertraute Version klebrig wirken.